Meine Stillgeschichte

Ich möchte euch heute erzählen, wie mein Stillerlebnis war und wie ich meine Tochter derzeit ernähre. Kurzer Disclaimer vorab: Ich verurteile niemanden dafür, wie er sein Kind ernährt. Ob Stillen, Zwiemilch, Pre-Nahrung – ihr seid die Eltern, ihr entscheidet das. Über die Vorteile von Muttermilch müssen wir nicht diskutieren, trotzdem sollte jede Frau selbst entscheiden, wie sie ihr Kind ernährt. Ich erwarte diese grundsätzliche Toleranz auch von meinen Lesern, vor allem in der Kommentarsektion. Aber genug der Vorrede, jetzt zu mir.

Meine Tochter ist jetzt neun Wochen alt. Ich stille nicht mehr. Ja, ich kann das Entsetzen förmlich hören. Aber lasst mich erstmal erzählen, wie das mit dem Stillen bei uns ablief. Wie ihr wisst, habe ich Felicitas per Kaiserschnitt entbunden. Als ich aus dem OP-Saal kam, wurde sie mir auf die Brust gelegt und es wurde von der Hebamme auch sofort versucht, sie anzulegen. Felicitas hatte daran wenig Interesse.

Kaum waren wir auf dem Zimmer, das gleiche Spiel. Die Schwester versuchte, sie anzulegen, ohne Erfolg. Am Abend fragte ich die Nachtschwester, ob wir es nochmal versuchen sollten, wollte ich doch unbedingt stillen. Die (nebenbei bemerkt sehr nette und kompetente) Nachtschwester erklärte mir, dass es bis zu 48 Stunden dauern kann, bis das Kind den Saugreflex entwickelt, bzw. dass der Saugreflex in den ersten 48 Stunden quasi “aussetzt”. Ob das so stimmt, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass Felicitas unter der Geburt sehr viel Fruchtwasser geschluckt hat, das in den folgenden 40 Stunden fröhlich wieder rausflog. Mein Kind spuckte und spuckte und spuckte – und hatte weder am Dienstag, noch am Mittwoch Appetit.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dann wurde es wirklich anstrengend. Die Kleine ließ sich überhaupt nicht beruhigen und war nur am Weinen. Als ich es nicht mehr aushielt, rief ich die Nachtschwester. Es war die, die mir vorher das mit dem Saugreflex erklärt hatte. Sie kam und sagte im selbstverständlichsten Tonfall “Dein Kind hat Hunger, wir legen es jetzt an.” In der Folge versuchten wir die ganze Nacht, mein Kind zum Trinken zu bewegen, leider mit mäßigem Erfolg. Felicitas war hektisch, machte den Mund kaum weit genug auf und war nicht besonders interessiert am Trinken. Trotzdem hatte sie Hunger ohne Ende. Ein Teufelskreis: Der Hunger wird immer größer, das Kind wird immer hektischer und kann immer weniger dazu bewegt werden, ordentlich zu trinken. An der rechten Seite funktionierte es gar nicht, was dazu führte, dass die Nachtschwester schließlich ein Stillhütchen (das Grauen!) holte und damit versuchte, mein Kind zum Trinken zu bewegen.

„Stillen tut weh. Gewöhnen Sie sich dran.“

Am folgenden Tag versuchten mehrere Schwestern über Stunden, mein Kind anzulegen. Manchmal trank sie ein paar Schlucke, aber meistens war das Trinken nach wenigen Zügen vorbei, dann wurde noch ein bisschen genuckelt und schon dockte mein Kind ab. Und wenn sie dann mal ein bisschen trank, tat mir das höllisch weh! Eine Schwester meinte dazu nur: “Ja, das Stillen tut weh. Gewöhnen Sie sich dran.”
Als mein Mann irgendwann eine Schwester fragte, ob wir ein Fläschchen bekommen könnten, damit das Kind überhaupt mal was zu sich nähme, kam die Schwester und legte Felicitas wieder an. Mit dem Ergebnis, dass nach zwei Schlucken wieder Ende im Gelände war.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag versuchte eine Schwester insgesamt vier Stunden mit meinem Mann und mir, Felicitas anzulegen. Der Hunger beim Kind wurde immer größer, der Frust bei mir auch und langsam überlegte ich, ob ich direkt auf Pre-Nahrung umsteigen sollte. Am Freitag hatten wir dann die U2-Untersuchung. Der Kinderarzt stellte fest, dass Felicitas mehr als die maximalen 10 % an Gewicht verloren hatte. Außerdem bemerkte er, dass mein Kind so hektisch und unzufrieden war, weil es (Überraschung!) Hunger hatte. Sie bekam ein wenig Glukose. Dann fragte der Arzt uns, was los sei. Wir erzählten die ganze Story. Der Arzt erklärte uns, dass ich abpumpen solle, mit einer elektrischen Pumpe. Wir sollten so sehen können, ob ich genug Milch für sie habe und mit einer Flasche sollte das Trinken ihr leichter fallen. Sie schien für meine Brustwarzen einfach zu schwach zu sein (Diagnose: Trinkschwäche). Also rief ich einige Stunden später die Schwester, die mir eine elektrische Pumpe brachte und erklärte, dass ich ab sofort alle drei Stunden abpumpen solle. Also tat ich das. Und siehe da: Mein Kind trank und es wurde satt! Ihr könnt euch kaum vorstellen, wie erleichtert ich war.

Am nächsten Morgen, Samstag, wurde Felicitas gewogen und hatte ein wenig zugenommen. So konnten wir, mit einem Rezept für eine elektrische Leihpumpe aus der Apotheke, entlassen werden. Also pumpte ich zu Hause auch ab. Erst alle drei Stunden (auch nachts), dann alle drei Stunden mit etwa sechs Stunden Pause über Nacht. Nach einer Woche hatte sich der Milchfluss eingependelt und ich konnte die Abstände auf vier Stunden tagsüber mit einer Pause von ca. acht Stunden über Nacht ausweiten.

Nachdem ich eines Nachts Fieber bekam und bettlägerig war – und deshalb einen Tag nicht abpumpte, besorgte mein Mann Aptamil Pre-Nahrung. Zur Vorsicht. Ich pumpte ab dem nächsten Tag fleißig weiter ab. Trotzdem bekam ich innerhalb der ersten sechs Lebenswochen von Felicitas zwei Mal einen Milchstau. Verhärtungen an den Brüsten, warme und schmerzende Stellen, Kopfschmerzen – die Symptome waren typisch. Ich pumpte ab wie eine Wilde, um die Milch wieder zum Fließen zu kriegen. Trotzdem wurde die Milch nach und nach weniger. Wir begannen, mit Aptamil zuzufüttern, damit Felicitas trotzdem satt wurde. Sie verträgt es ganz gut.

Ist Zwiemilch die Lösung?

Mitte April waren wir bei der U3-Untersuchung beim Kinderarzt. Dort wurde Felicitas gewogen und hatte sage und schreibe ein Kilo im Verhältnis zum Entlassungsgewicht aus dem Krankenhaus zugenommen! Die Freude könnt ihr euch wahrscheinlich vorstellen. Natürlich fragte uns der Kinderarzt auch, wie wir Felicitas ernähren. Im Gegensatz zu meiner Gynäkologin, allen Schwestern auf der Wochenbettstation und diverser anderer Menschen hatte er kein Problem mit dem Abpumpen und auch nicht mit dem Zufüttern. In “Fachkreisen” nennt man diese Ernährungsform übrigens Zwiemilch. Es ist überraschend verbreitet und die meisten Kinder vertragen es sehr gut.

Nach der U3 nahm meine Milchmenge weiter ab. Ich weiß nicht, woran es liegt. Ich habe keinen Salbei oder Pfefferminz-Tee oder sowas zu mir genommen. Vielleicht ist es etwas Psychologisches. Das Abpumpen stört mich. Ich fühlte mich zwischenzeitlich extrem fremdbestimmt. Ich wollte wieder, dass mein Körper mir selbst gehört. Die Schwangerschaft war kräftezehrend und auch nach der Entbindung hatte ich nie das Gefühl, selbstbestimmt zu sein. Ich liebe meine Tochter – aber wollte doch zumindest über mich wieder ein Stück weit selbst das Kommando haben. Das Abpumpen selbst ist nicht unangenehm, auch wenn man sich vorkommt, als wäre man eine Kuh an der Melkmaschine. Trotzdem sträubte sich nach und nach alles in mir, weiter zu pumpen. Außerdem ist es, zumindest für mich, schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen: Die Betreuung von Felicitas, der Haushalt hier, die Arbeit (ich bin ja selbstständig und arbeite von zu Hause aus) und das Abpumpen war einfach zu viel für mich. Nach einigen intensiven Gesprächen mit meinem Mann habe ich also beschlossen, dass ich abstille. Ich pumpte also nach und nach immer weniger, und erhöhte die Menge an Pre-Milch, die Felicitas bekommt. Irgendwann wurden die Brüste nicht mehr schwer und es lief auch keine Milch mehr aus. Das Abstillen ging überraschend schnell und einfach. Heute ernähre ich mein Kind nach Bedarf mit Aptamil Pre-Milch und sie verträgt es gut. Sie nimmt gut zu, ist fit und altersgerecht entwickelt. Mehr kann ich mir für sie nun wirklich nicht wünschen.

Außerdem hat Felicitas eine glückliche Mutter, die selbst fit und gut drauf ist. Und das ist, in meinen Augen, mehr Wert als eine gestresste Mutter, die mit der Ernährung der Tochter hadert. Ich selbst bin mit der Flasche groß geworden, mein Mann ebenso. Und ja, Stillen ist gut für das Kind, das möchte ich nicht abstreiten. Aber das Wohlbefinden eines Babys wird nicht zu 100 % von der Ernährung bestimmt. Wenn ein Baby in einer angespannten und unglücklichen Umgebung lebt, ist das für das Wohlergehen wesentlich schlimmer als Pre-Milch! Und ja, das Stillen hilft gegen Allergien. Aber, nur mal ein Fallbeispiel aus meinem persönlichen Umfeld: Ich habe zwei Großcousinen. Sie sind Schwestern. Jede hat einen Sohn. Die Eine hat ihren Sohn ein Jahr gestillt – er hat ganz schlimme Neurodermitis bekommen. Die Andere sagt, dass sie keine Lust auf’s Stillen hatte und deshalb von Anfang an mit Flasche ernährt hat – ihr Sohn hat keine Allergien und ist kerngesund. Ich weiß, dass das nur ein Beispiel ist, aber dennoch. Die Rechnung “Stillen = gesund, Nicht Stillen = Allergien” ist in meinen Augen zu einfach.

Abschließend kann ich sagen, dass das Stillen, so wenig traumatisch die Geburt auch war, für mich keine schöne Erfahrung war. Es tat weh, es hat keine Glücksgefühle ausgelöst. Stattdessen war ich mehr als überglücklich, als Felicitas an der Flasche problemlos trank und dann auch noch sichtbar zunahm. Sie verträgt die Pre-Milch sehr gut und ist weiterhin fit. Inzwischen ist aus meinem kleinen, zerbrechlichen Wesen ein gesundes Kind geworden. Ich bin glücklich und das merkt sie. Und das ist für uns die Hauptsache.

5 Kommentare zu „Meine Stillgeschichte“

  1. Ich bin voll und ganz deiner Meinung. Mit meinen Zwillingen habe ich es auch probiert zu Stillen weil wie du sagst es das beste für das Kind ist. Ich habe es nur 5 1/2 Wochen geschafft und dann war ich so gestresst, dass ich das Stillen aufgegeben habe (wobei wir so oder so zufüttern mussten). Ich empfand es als eine totale erleichterung, nicht mehr daran zu denken wann ich Abpumpen musste (mein Sohn wollte nämlich nicht an die Brust) und ich somit wieder etwas weniger um die Ohren hatte.
    Ich finde die Hauptsache ist das man seinem Kind die Liebe gibt die es verdient und das hat nichts damit zu tun ob man stillt oder nicht.
    Ich wünsche euch weiterhin alles gute und das deine kleine Maus sich weiter so super entwickelt.

    LG

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  2. Ich bin keine Mutter und kenn das Spielchen nur aus Erzählungen von den Mamas im Freundes- und Bekanntenkreis, aber ich stimme dir voll und ganz zu. Gestresste Mama = gestresstes Kind und damit ein Teufelskreis für alle beide. Ich find’s gut, dass du es versucht hast und als du gemerkt hast, das geht so alles nicht, dich nicht gezwungen hast weiter zu machen. Daumen hoch dafür =)

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